Gothic - Grufties


Eigentlich gehören Gothic, die früher auch als "Grufties" bezeichnet wurden, nicht in den Bereich des Okkultismus. Durch ihr Erscheinungsbild (schwarze Kleidung, düster geschminkte Gesichter) werden sie aber oft mit Satanisten verwechselt. Die allermeisten Gothics distanzieren sich jedoch deutlich vom Satanismus und drücken ein völlig anderes Lebensgefühl aus. Auch bei den verwendeten Symbolen machen Gothics feine Unterschiede zum Satanismus (z. B. tragen sie aufrechtstehende Kreuze oder Pentagramme anstelle der umgedrehten im Satanismus). Die Gothic-Szene ist eine sehr ästhetische, introvertierte und ausgesprochen friedliche Jugendkultur mit sensiblen, wenn auch mitunter etwas wirklichkeitsfremden Protagonisten, die vornehmlich in der Mittelschicht verankert sind. Die teilweisen Gewaltexzesse des Satanismus sind ihr vollkommen fremd.

Religiöse Fragen werden unter Gothic durchaus thematisiert, allerdings nicht einheitlich beantwortet. Größtenteils einig ist man sich jedoch in der Ablehnung der Kirchen - bis auf eine kleine christliche Gruppe, die vor allem im Bereich der Jesus-Freaks beheimatet ist. Die Antworten der Kirchen auf die Lebensfragen meint man zu kennen und erwartet von ihnen nichts. Weiterhin werden die Verfehlungen im Laufe der Kirchengeschichte kritisiert. Diese Ablehnung der Kirchen kann durch die verwendeten Symbole ausgedrückt oder auch in den Liedtexten thematisiert werden. Hierin liegt auch ein Grund, dass sie leicht mit Satanisten verwechselt werden.

Die Gothic-Szene besteht in sich wieder aus vielen Stilrichtungen und definiert sich vor allem über die gehörte Musik. Ingo Weidenkaff beschreibt das durch Symbolik und Musik ausgedrückte Lebensgefühl sehr treffend in einem Artikel:

"Gothic-Dasein ist verloren geglaubte Liebe in einer berauschenden Welt von Gefühlen und Leidenschaften, ist unbändige Sehnsucht nach Gemeinschaft.
Gothic-Dasein ist unstillbares Begehren nach Heil und Erlösung.
Gothic-Dasein erfüllt das als sinnleer empfundene Leben mit neuen Alltagsphantasien.
Gothic-Dasein bedeutet, den bittersüßen Rausch verletzter Gefühle, schmerz- und lustvoll zugleich, auszukosten.
Gothic-Dasein ist der leidgeprüfte Weg eigenen Martyriums, um sich von seelischen Wunden zu befreien.

Gothic ist nicht rein musikorientierte und musikkonsumierende Jugendkultur. Gothic ist ein Stück Lebensart, Lebensgefühl und Lebenssinn für verloren geglaubte Seelen. Gothics sind gefühlsbetonte Menschenkinder, sie sind die Romantiker in einer bunten Vielfalt emotionsgeladener und rhythmusbetonter Musikkulturen. Geordneter Rückzug ist ihre Antwort auf eine als intolerant, konsumorientiert und egoistisch empfundene Gesellschaft. Melancholie ist die Gefühlsdroge, die zur Flucht aus dem nackten Lebensalltag benötigt wird. Die Flucht vor Zukunfts- und Alltagsängsten, der erdrückenden Erfahrung, ungeliebt und unverstanden zu sein. Überwältigend ist das große Bedürfnis nach Geborgenheit, Akzeptanz, Toleranz und Verstandensein. Fast übermächtig ist allerdings auch die seelische Finsternis, die eine nahezu unstillbare Sehnsucht auslöst, dem Tod möglichst nahe zu sein.
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Die Art des Tanzes in der Gothic-Bewegung weckt Assoziationen zu mittelalterlichen und meditativen Tänzen. Fast elegisch und in Träumen schwelgend verlieren sie sich in der stimmungsgeladenen Düsterkeit ihrer Gedanken, die Schwermütigkeit der Gedanken wird in anmutig vorgetragene Bewegungen umgesetzt, die Tonfolgen bilden eine harmonische Einheit.

Musik schafft somit Gemeinschaft in einer Lebensphase, die als Ohnmacht der eigenen Gefühle empfunden wird. Angst, Resignation und Frustration stauen sich auf, werden verdrängt, und doch wird man immer wieder von ihnen eingeholt. In der Gemeinschaft Gleichgesinnter ist geteiltes Leid nur noch halbes Leid. Die Basis gegenseitigen Verstehens und Akzeptierens erleichtert das eigene irdische Dasein, es signalisiert, dass auch die anderen Leidtragende einer Welt sind, die angesichts ihrer Spießigkeit, Gleichgültigkeit, ihres Egoismus, und ihres Konsumzwangs dahinvegetiert, ohne nach dem wirklichen Sinn des Daseins zu fragen. Das alles lässt sich letztendlich viel leichter ertragen, indem man dieser Welt entflieht, hinein in seine eigene gothische Schicksalsgemeinschaft, in der man sich noch am besten aufgehoben fühlt."

Die Motive für die Hinwendung zu dieser Szene können sehr verschieden sein, wie z. B.:


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